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Hi, wir (meine Frau und ich) sind zwar nicht neu hier im Forum, aber seit letzter Woche stolze Besitzer eines Summit 640. Ich könnte euch jetzt mir unserer Vorstellung beglücken (wir campieren seit 55 Jahr, bis jetzt immer mit Wohnwagen, ist unser erstes Wohnmobil...) aber ich dachte mir, vielleicht kann ich was beitragen was für andere auch interessant ist.
Ich habe den Fiat Ducato 140 PS Automatik mit dem Autonomous Driving Paket bestellt und kann jetzt berichten, wie er so fährt (etwas, was ich hier im Forum noch nicht gefunden habe, und das vielleicht für den einen oder anderen Neukäufer als Entscheidungshilfe interessant sein könnte). Zum Hintergrund: Ich lasse mein Auto (einen Tesla) seit drei Jahren selbst fahren, kann daher die Fähigkeiten des Ducato (nur) mit dem Tesla vergleichen.
Der Ducato hat am Lenkrad rechts Tasten, die zur Bedienung der Selbstfahr-Fähigkeiten dienen. ACC und Limiter setze ich mal als bekannt voraus und sind hier meines Wissens auch nicht anders wie ohne Paket.
Man aktiviert den sogenannten Co-Piloten, indem man zuerst die Taste für "Lenken" und dann die Taste für "ACC" drückt. Dann passiert vorerst nichts. Das System aktiviert sich, sobald man den ACC einschaltet, sprich über SET+ eine Geschwindigkeit vorgibt. Ab dem Zeitpunkt passieren zwei Dinge: Das ACC regelt die Geschwindigkeit und hält Abstand zum Vordermann. Der Co-Pilot übernimmt das Lenken und hält das Fahrzeug in der Spur.
Das geht erstaunlich gut. Ich bin Autobahn und Landstraße gefahren und in beiden Fällen war der Co-Pilot eine echte Bereicherung. Auch in der Stadt kann man ihn eingeschaltet haben, er hat nämlich die (wie ich find sehr angenehme) Eigenschaft, dass er sich nicht einmischt, wenn man selbst lenkt. Er wird erst dann aktiv, wenn man nicht mehr aktiv lenkt.
In der Praxis funktioniert das so, dass man auf die Autobahn fährt, den ACC einschaltet und normal weiterlenkt. Kommt jetzt eine Kurve, dann lenkt der Ducato innerhalb der Spur so wie man es auch selbst machen würde. Im Endeffekt hat man die Hände normal wie immer am Lenkrad, aber man muss nicht mehr bewusst lenken. Auch hat man nie die Situation, dass man aus der Spur driftet, weil das Auto einfach immer in der Mitte der Spur bleibt. Das funktioniert auch in Baustellen mit orangen Strichen, das Fahrzeug fährt einfach durch und lenkt auch bei den Übergängen absolut sauber. Trotzdem hat man immer das Gefühl Kontrolle zu haben. Wenn man beispielsweise die Spur zum Überholen wechselt, dann blinkt und lenkt man ganz normal, es ist auch kein besonderer Widerstand zu überwinden. Ist man in der neuen Spur angekommen, dann "dockt" der Ducato in der neuen Spur an. Erkennbar ist das auch deutlich am Display, indem grüne Linien angezeigt werden. Aber man merkt eigentlich keinen Unterschied zwischen "ich lenke" und "er lenkt", vielmehr unterstützt das System "im Hintergrund". Beim Spurwechsel zum Beispiel kommt man "automatisch" in der neuen Spur an und bleibt dort in der Mitte, ohne dass man bewusst sich darauf konzentrieren muss. Man hat immer den Eindruck selbst die Kontrolle zu haben, gleichzeitig merkt man aber, dass man hier unterstützt wird. Ich finde das sehr angenehm. Auf der Landstraße fährt der Ducato einfach durch die Kurven, und auch Situationen wie Fahrbahnteiler, die man mit einem Schlenkerer umfahren muss, gehen von selbst.
Wer einen Tesla kennt: Es ist wesentlich anders. Der Tesla hat das Konzept, dass das Auto selbst fährt. Dort passiert das sehr viel "agressiver", wenn der EAP eingeschaltet ist, dann fährt eindeutig das Auto. Willst Du die Steuerung dort übernehmen, dann musst Du das System abschalten oder schon sehr kräftig gegen das System lenken. Hier beim Ducato im Gegensatz kannst Du immer selbst aus der Spur lenken ohne irgend einen Gedanken darauf zu verschwenden. Wenn du wieder in der Spur bist übernimmt er wieder. Das geht viel reibungsloser wie im Tesla.
Eine Besonderheit hat das Ducato System: Sobald man bei eingeschaltetem ACC aufs Gas steigt schaltet der Co-Driver sofort ab. Das sind die Stellen wo man dann bewusst merkt, was er im Hintergrund eigentlich mitgeholfen hat. Sobald man von Gas geht übernimmt er wieder (das werden vielleicht nur Tesla Fahrer merken: Dort kann ich Gas geben, er lenkt aber normal weiter). Was mein Ducato auch nicht kann (vermutlich weil ich keine Ducato Navi habe): Vor Kreisverkehren automatisch langsamer werden. Vor Kreuzungen automatisch langsamer werden.
Systemgrenzen: Bei Selbstfahrsystemen ist es immer wichtig zu wissen, wann sie "aussteigen" und "Fehler machen". Hier schlägt sich der Ducato eindeutig besser als der Tesla. Der Tesla fährt zwar in mehr Situationen selbst, hat aber zum Beispiel Probleme bei so Dingen wie: Eine Autobahnspur verdoppelt sich auf zwei Spuren. Der Tesla entscheidet sich dann (auch spontan und ruppig) für eine der beiden Spuren und kann da schon unangenehm kräftig lenken (er fährt das selbst und sicher, aber unsereins würde das wesentlich sanfter fahren). Der Ducato wiederum schaltet da die Lenkunterstützung einfach ab und wenn Du dich für eine Spur entschieden hast einfach wieder ein. Der Ducato signalisiert das Aussteigen auch ausschließlich durch Umfärben der Linien im Display von grün auf grau. Das ergibt ein natürliches Fahrverhalten, wie ich auch ohne Unterstützung fahren würde.
Fehlalarm: Bei Selbstfahrsystemen kann es vorkommen, dass sie ein Problem sehen, wo es keines gibt. Ich hatte das letztes Wochenende ein mal: Autobahn, leichte Linkskurve, auf dem Pannenstreifen waren plötzlich Baustellen-Schilder direkt an der Linie. Etwas wo wie alle einfach vorbei fahren. Der Ducato hat die Situation als "gefährlich" eingeschätzt und ist vom Gas gegangen. Gleichzeitig kam ein Warnton und im Display stand groß und rot "Bremsen". Ich habe auch diese Situation als OK gefunden. Das vom Gas gehen hat keinerlei Gefahr erzeugt, dass jemand von hinten auf mich drauf fährt, gleichzeitig hat es aber meine Aufmerksamkeit konzentriert. Durch leichtes Gas geben war die Situation auch erledigt und die "Bremsen" Meldung wieder weg. Der Tesla hätte zwar diese Situation richtig eingeschätzt, aber in anderen Situationen wesentlich heftiger reagiert (das ist zwar im Sinne der Fahrsicherheit besser (es wird schneller gebremst), aber deutlich unangenehmer im Fall wo du nicht bremsen möchtest).
Braucht man das System: Nein, wir können alle selber fahren.
Bringt das System was: Für mich absolut. Es ist eine echte Unterstützung, gerade bei längeren, monotoneren Fahrten. Bei Autobahn und Landstraße bewirkt es, dass man statt konzentriertem Fahren nur mehr konzentriertes Überwachen benötigt, was wesentlich weniger "mental load" für einen selbst ist (hier spreche ich auch drei Jahren Erfahrung. Selbstfahrende Autos gerade auf der Autobahn sind wirklich eine Bereicherung. Ich komme entspannter an). Und es erhöht definitiv die Fahrsicherheit, weil man nicht versehentlich aus der Spur oder aus der Kurve driften kann. Gleichzeitig funktioniert das System im Ducato so dezent im Hintergrund, dass ich mir keine Gedanken dazu machen muss und es eigentlich immer eingeschaltet lassen kann, weil es nie "im Weg" ist.
Würde ich einem Neukäufer eines Ducatos das Paket empfehlen: Definitiv ja.
Wenn wer noch spezifische Fragen hat, ich werde versuchen die zu beantworten.
Loose
Summit 640, Fiat Ducato Heavy, 140 PS Automatik mit dem Autonomous Driving Paket. iNetX, Gas/Elektro Combi, Solar mit Büttner SC 330, Liontron 150Ah LiFePo, Busbiker, ESX VN940, automatisches Reisetagebuch mit FindPenguins, Schnickschnack. Eingebaute Extraportion Urlaubsfreude.
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